Alternativmusik der ganz besonderen Art: Clara Luzias neues Album „We Are Fish“ setzt Zeichen

clara luzia_we are fish_©sarah haasDie Zeit der überlangen Tracks ist eigentlich vorbei, sind diese doch eher noch in den 80ern modern gewesen. Clara Luzia (mit bürgerlichem Namen Clara Luzia Maria Humpel), eine Österreicherin, welche in ihrem Heimatland als aktuell bedeutendste nationale Sängerin im Alternative-Genre gehandelt wird, hat ihr fünftes Album aufgenommen und überrascht mit neuen Songs, die erfrischend daherkommen. Abwechslungsreich, stilvoll, eingängig und beinhaltet auch genannte überlange Songs.

 

„With Headlights On“, der erste auf der Platte, ist sieben Minuten lang und man glaubt schon an eine rein instrumentale Einleitung, doch nein: Nach einem langen, lediglich mit Piano instrumentiertem Vorspiel, fängt Clara Luzia an zu singen. Hier engelsgleich, melodiös, seicht und ein wenig wehmütig. Weitere Songs werden jedoch schneller, kürzer, prägnanter.

Man merkt, dass es bei Weitem nicht ihr erstes Projekt ist: Bereits 1999 gründete Clara Luzia zusammen mit ihrer Schwester ihre erste Band ‘Alalie Lilt’. 2006 debütierte Clara Luzia mit erstem Soloalbum „Railroad Tracks“, dessen Release zugleich der Einstand ihres eigenen Lables Asinella Records war.

Die Künstlerin, die selbst über sich sagt, dass sie keine Performerin sei, zeigt sich auf dem Album von einer positiven und musikalisch neuen Seite.

Auch wenn man die Musik der Künstlerin, die 2008 den Amadeus Austrian Music Award gewann, dem Alternative-Genre zuordnet und nicht alltäglich oder im Radio hört, besitzt sie einen enorm hohen, charakteristischen Wiedererkennungswert. Ihre Stimme, zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig, da sehr süß und lieblich, besitzt eine schmeichelhafte Wärme und etwas Hauchzartes. Und doch weiß Clara Luzia, mit dieser Stimme umzugehen und sowohl Stärke als auch Ausdruckskraft in diese hineinzulegen. Sie bleibt nicht bei dem Gehauchten, nicht bei dem kindlich Süßen, sie vereint diese Klangfarben mit Reife und aussagekräftigen Texten.

Der Titelsong stellt eine einzige Metapher dar, wie auch der Titel selbst eine Metapher ist. Eine Metapher dafür, dass das Leben endlich ist und dass wir alle gleich sind; dass wir, die Gesellschaft, dafür verantwortlich ist, was mit unserem Leben, der Welt und mit uns selbst passiert. Und dass wir auch nur Teil eines großen Ganzen sind, dem eigenen Handeln ausgeliefert.

Und da beginnt die musikalische Reise, auf die Clara Luzia ihre Hörer mitnimmt. Es ist eine Reise durch Reflexion, Ironie, Ehrlichkeit und Eingeständnisse. Und durch wunderbare Musik, die gleichzeitig zum Zuhören und Träumen einlädt.

Es bleibt nichts dem Zufall überlassen. Wenn „The Presentiment“ erklingt, befällt einen unwillkürlich ein beklemmendes Gefühl. „This is the bird that flies you to the moon / This is a presentiment that vanished too soon“ –

„No One’s Watching“ zeigt den essentiellen und natürlichen Wunsch nach Aufmerksamkeit auf. Vielleicht ein bisschen Westentaschen-Psychologie, die hier verarbeitet wird, aber mit welcher der Nagel dennoch auf den Kopf getroffen wird. Niemand will alleine sein, doch jeder hat Gefühle, die beachtet werden müssen; die Angst, verloren zu gehen, wird hier sehr gut ausgedrückt, wobei alles in allem der Focus mehr auf dem Text als im Musikalischen liegt.

„Leave The Light On“ klingt zunehmend dissonanter, etwas ungemütlicher als die vorhergehenden Songs, die insgesamt eine ruhigere Klangkulisse gestalten. Etwas härter nun auch vom Sound, etwas unbequemer auch vom Text, der vielleicht etwas zu tiefgründig-zweideutig wirkt. Zunächst weiß man damit nicht viel anzufangen, das Verständnis kommt erst nach und nach und selbst dann bleibt eine kleines bisschen Verwirrung bestehen. Den Song als anstrengend zu beschreiben, wäre nicht gerecht, denn das ist er nicht. Aber er plätschert auch nicht leicht vor sich hin, ist nichts für „Zwischendurch“.

„Light Is Faster Than Sound“ kreiert eine Kulisse, die an einen Nachmittag in einem französischen Café erinnert. Beginnend mit Klarinettenmelodien, weicht es später ab zu einer beschwingten, fast tanzbaren Nummer.

„Monster In You“ schlägt höhere Töne an, der Refrain hat einfache Melodien zum Mitsingen, generell ist dieser Song heller, fröhlicher und dynamischer.

„The Fall“ und „The Menace Is My Head“ schließen das Album rund ab; schöne, tanzbare Rhythmen, die dennoch nicht zu aufdringlich sind.

Eine Platte, die in gehört werden muss, die beim ersten Hören recht nett und beim zweiten Hören schön wird, tiefgründig, durchdacht und definitiv etwas, das man nicht nur im Regal, sondern auch im Platten – oder CD-Spieler haben sollte. Allerdings ist Clara Luzias Musik nichts für die Dauerschleife, nichts, das man „einfach mal so“ hören kann, man muss wirklich zuhören, um zu verstehen und um die Musik wirken zu lassen.

Einziges Manko: Einige Tracks ähneln sich sehr stark und klingen daher nach fader Wiederholung.

Ob nun im Zug oder Auto, beim Tee trinken auf dem Sofa oder einfach so – „We Are Fish“ lohnt sich und findet einen ganz eigenen Weg, zu gefallen und im Gedächtnis zu bleiben.(A.E)

 

cover: © Sarah Haas

 

Clara Luzia Tour Daten:

06.03.2013 wuk wien, release show “we are fish”
08.03.2013 posthof linz, mittlerer saal
09.03.2013 kamot, klagenfurt
14.03.2013 cinema paradiso, saal, st. pölten
15.03.2013 ppc graz
04.04.2013 spielboden dornbirn, gr. saal
05.04.2013 weekender, innsbruck
26.04.2013 red box, mödling w/ Effi, The More or the less
27.04.2013 tba
07.05.2013 uferlos festival, freising (D)
08.05.2013 beatpol, dresden (D)
09.05.2013 festsaal kreuzberg berlin (D)
10.05.2013 werk II, leipzig (D)
11.05.2013 arge salzburg

Mehr: www.claraluzia.com