Das neue Album „Invisible Empire // Crescent Moon“ von KT Tunstall

kttunstaallcoverMelancholischer Folk als positive Selbsthilfe

München, 19.06.13.   In den vergangenen Jahren ist die britische, kanadische, amerikanische und deutsche Radiolandschaft durch Hits wie „Black Horse and the Cherry Tree“, „Suddenly I See“ und „Hold On“ von der britischen Singer-Songwriterin KT Tunstall bereichert wurden.

Ihr neues und viertes Album „Invisible Empire // Crescent Moon“ hat an einigen Stellen wieder das Potential, in die Charts zu gelangen, ohne dabei die Modern Folk-Richtung zu verlassen. Die erste Besonderheit dieses Albums ist, dass es gleich zwei Titel beinhaltet, was zum Einen die Herangehensweise an die Aufnahmen erklärt, in denen das Album in zwei größeren Sessions aufgenommen wurde, und zum Anderen der ambivalente Charakter der Songs.

So ist zum Beispiel der erste Teil des Albums, der die ersten sechs Songs umfasst und mit dem gleichnamigen Song „Invisible Empire“ eingeleitet wird, einer mit melancholisch Texten geschmückte Teil des Albums, der primär auf die Zerbrechlichkeit und Sterblichkeit eines jeden Einzelnen abzielt. In diesem Zusammenhang spielt auch der Tod KTs Vaters und eines guten Freundes eine entscheidende Rolle in der Gestaltung der Lyrics und der musikalischen Struktur.

Der zweite Teil, der wiederum mit dem gleichnamigen Song „Crescent Moon“ eingeleitet wird, zeigt ebenfalls wieder eine melancholische Grundstimmung mit sphärischen Klängen auf, die mit Texten über Liebesschmerz und Sehnsucht untermalt werden. Hierbei ist die Trennung von ihrem Ehemann Luke Bullen kurz vor der Entstehungszeit dieses Albums auch ein entscheidender Faktor in den Kompositionen gewesen.

Eine weitere Besonderheit ist der Look des Albums, welcher einen klaren Bezug zum musikalischen Stil, den Tunstall in diesem Album einschlägt, herstellt. So sieht man sie mitten in der kargen Wüste von Arizona, wo unter anderem dieses Album entstanden ist, zwischen Kakteen und Wüstensträuchern stehen und jedes mal hat sie einen nachdenklichen, sehnsüchtigen oder traurigen Blick, was auch hier wieder die Grundhaltung ihres neuen Werkes treffend untermalt.

Hierbei passt sich der Country Folk und Southern Rock Stil wunderbar ein. Somit kann man an dieser Stelle schon von einem in sich stimmigen Konzeptalbum von KT Tunstall sprechen. Bei der Musik bekommt der Hörer sofort das Gefühl sich im warmen Süden der USA zu befinden und entweder gemütlich mit seinem Auto über die endlosen Highways zu fahren oder einfach in absoluter Abgeschiedenheit die Ruhe und erholsame Einsamkeit der Wüste zu genießen. Der layed back Sound und sanfte Klang des Country und Southern Folk/Rock erzeugt zusammen mit dem sanften und einfachem, aber dennoch virtuosen Gesang Tunstalls eine wohltuende entspannte Haltung beim Zuhörer, sodass dieser sich auch leichter auf die Songs einlassen kann.

Das musikalische Vokabular wird mit dem differenzierten Instrumentarium, welches nie überladen wirkt, sondern viel mehr in den musikalischen Rahmen des Südstaaten Rocks bzw. Folks einfügt. So finden wir in den Songs wie zum Beispiel „Carried“ oder „Feel it All“ die charakteristisch für diesen Stil sphärischen Klänge der E-Gitarre wieder. Auch arrangierte Streicherpartien finden in den Songs „Old Man Song“ oder auch in „Crescent Moon“ ihren Raum.

Dabei setzt KT Tunstall weder auf hervorstechende Effekte oder auf komplizierte und konstruierte Songstrukturen, sondern schafft klare und zugängliche Kompositionen. In diesem Zusammenhang könnte man auch von musikalischem Minimalismus sprechen, der hier aber in keiner Weise negativ verstanden werden darf, sondern vielmehr unter dem Motto „weniger ist manchmal mehr“.

Zusätzlich dazu überzeugt Tunstall wieder mit ihren starken Songtexten – wie man es aus ihren vorigen Werken schon kennt – die sich wieder in einer symbolträchtigen und von Metaphorik strotzenden und malerischen Sprache dem Zuhörer eröffnen. Das Bemerkenswerte ist, dass trotz dieser Komplexität der Inhalt dem Zuhörer nicht verschlossen bleibt, sondern durch das Zusammenspiel von Sprache und Ton einen leichten Zugang ermöglichen und die Gefühlswelt Tunstalls erfahrbarer wird. Zusammenfassend kann man sagen, dass das Konzeptalbum KT Tunstalls ein in sich stimmiges Werk ist, das mit wohltuenden Country Folk Klängen und malerischen Lyrics wunderbare Songs beinhaltet, die einen zum genaueren Hinhören auffordern und einladen. Im Klartext: Was Norah Jones für den Soul und Jazz ist, ist KT Tunstall für den Country und Folk; zumindest zeigt sie uns das in diesem Album.(M.H.)