ELIF – Neues Album “NACHT” erscheint heute

ELIF_NACHT_coverWenn man ELIF (Elif Demirezer) auf ihrem Instagram Account verfolgt, konnte man in den letzten Jahren eine unglaubliche Entwicklung der Künstlerin aus Berlin miterleben. Begonnen hatte für ELIF alles, damals 16 Jahre jung, bei der achten Staffel der ProSieben-Castingshow “Popstars” mit ihrem eigenen Song “Du und ich”. ELIF, damals noch unerfahren und trotzdem nicht angepasst, ging ihren Weg auch oft gegen den Willen ihres familiären Umfelds. So richtig auf ELIF aufmerksam geworden bin ich durch die Cover-Version des Karusell-Titels “Als ich fortging”, für den sie großes Lob vom ehemaligen Karusell-Sänger Dirk Michaelis erhielt.

Bis zum Album “NACHT” war es für ELIF ein weiter und nicht immer einfacher Weg. Die Alben “Unter meiner Haut” und “Doppelleben”, der Deutsche Musikautorenpreis 2019 und ausverkaufte Touren prägten sie. Selbstbewusst und offen spricht ELIF aber auch über die nicht so schönen Seiten ihres Lebens: Trennung von ihrem Label, Beendigung ihrer Beziehung, Burnout!

Umso erfreulicher das sie alles so gut durchgestanden und viel gestärkter aus dem tiefen Loch aufgestanden ist. Das Ergebnis: Das jetzt vorliegende Album “NACHT”. Glückwunsch liebe ELIF! (J.K.)

ELIF

„Es ist viel passiert“, antwortet ELIF auf die Frage nach der Zeit seit ihrem zweiten Album „Doppelleben“. Klar waren da die ausverkaufte Unplugged-Tour und der Musikautorenpreis. Und mit „Zu Ende“, dem gemeinsamen Song mit Rapper Samra, der auf Platz 4 der Charts einstieg, war die 27-jährige in aller Munde. Aber die letzten zwei Jahre waren nicht immer einfach für ELIF.

Sie trennt sich von ihrem Label und ihrem Management und beendet noch dazu die toxische Beziehung, in der sie sich zu der Zeit befindet. „Der Typ hat mich runtergemacht und mir mein Selbstwertgefühl genommen, bis nichts mehr von mir übrig war“, blickt ELIF zurück. „Wenn man die ganze Zeit nur hört, dass man nichts kann und nichts wert ist, glaubt man das irgendwann.“

Nach der Trennung fällt ELIF in ein tiefes Loch und erleidet ein Burnout. Sie entscheidet sich, eine Therapie zu machen. „Ich habe zum ersten Mal über meine Ängste gesprochen. Über die Manipulationsversuche von anderen. Über meine Triggerpunkte, die mich immer wieder aus der Bahn geworfen haben. Ich dachte immer, dass ich mit der Musik angefangen habe, um mich besser zu verstehen. Aber das ist mir nie wirklich gelungen. Es hat mir total geholfen, mir professionelle Hilfe zu holen, Erlebnisse aus meiner Kindheit aufzuarbeiten und mich dadurch viel besser zu verstehen.“

ELIF sortiert sich neu: Wer will ich sein? Wer bin ich gewesen? Was für Musik habe ich gemacht? Wie möchte ich jetzt klingen? „Ich habe gelernt, dass Kunst nicht dafür da ist, um Dinge zu verarbeiten. Ich habe die Kunst immer genutzt, um mich besser verstehen zu wollen. Aber Kunst entsteht einfach. Ich schreibe ein Lied, weil ich bin, wie ich bin.“

Eine Erkenntnis, die für ELIF auch ihre bisherige Diskografie in ein anderes Licht rückt. „Ich liebe meine alten Alben, aber ich habe gemerkt, dass ich in der Musik immer total beherrscht war. Dadurch, dass ich endlich zu mir gefunden und so viel Selbstliebe entwickelt habe, bin ich viel freier geworden. Ich weiß, wer ich bin und schätze mich – so sehr, dass mir egal ist, was alle anderen sagen.“

Auch im Hinblick auf die Frage, wie ELIF eigentlich klingt. „Ich hatte gar nicht den Plan, anders zu klingen, sondern habe einfach begonnen, andere Musik zu hören. Bloß, weil man mir mal den Stempel Pop-Musikerin aufgedrückt hat, heißt das nicht, dass ich mein ganzes Leben Pop-Musik machen muss. Ich bin keine Dienstleisterin, sondern Künstlerin. Eine Künstlerin, die wachsen will.“

In Beatzarre, Djorkaeff, den Beatgees, Juh-Dee und Young Mesh, allesamt aus dem Rap-Bereich und dennoch mit offenem Horizont und eigenem Style, findet Elif die Produzenten mit dem richtigen Sound für ihre Songs. In endlosen Studiosessions schälen sich nach und nach erst ein neuer Sound und dann vor allem auch eine neue Sprache heraus. „Früher hätte ich meine Umgangssprache aus den Texten gestrichen“, erzählt ELIF. „Aber mittlerweile singe ich so, wie ich auch spreche.“

Warum sich anpassen? Warum wie die anderen sein? Warum machen, was alle von einem verlangen? ELIF bricht mit allen Erwartungen und macht Schluss mit Kompromissen. Sie nimmt die Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse der letzten Jahre mit ins Studio und dort ein Album auf, das dringlicher und direkter nicht klingen könnte. Denn während ein Gros der hiesigen Pop-Musik sich hinter Metaphern und Plattitüden versteckt, ist auf NACHT kein Platz für Filter und doppelten Boden. Elif sagt die Dinge, wie sie sind und erzählt davon, wie gut, aber auch wie beschissen sie sich anfühlen können.

KANN DAS BITTE SO BLEIBEN feiert zum Beispiel die kleinen Momente des Glücks – ganz egal, ob es das warme Sonnenlicht im Gesicht oder die viel zu teuren Wasserflaschen von der Tankstelle bei einem Roadtrip sind. Augenblicke, in denen man nicht nachdenkt, sondern einfach genießt. Ganz anders EIN LETZTES MAL, das das Dilemma vom destruktiven Dejavue in Dauerschleife behandelt. Erst On, dann Off – und wieder von vorne. Immer und immer wieder alte Gefühle wecken. Aber sich dagegen wehren: zwecklos – auch, wenn man weiß, dass die Eskalation vorprogrammiert scheint.

Auch DU TUST MIR NICHT GUT, FEUER und AUGEN ZU mit Samra erzählen von gefährlichen Gefühlen zwischen Liebe und Hass. NACHT lebt von dieser Zerrissenheit, mit der ELIF im Song SCHWARZ selbst kokettiert. „SCHWARZ ist das Monster des Albums“, erklärt ELIF. „In Zeilen wie ‚Pass besser auf, denn das geht schnell, / brauch‘ neue Songs, verlieb‘ mich nur, um mich zu trennen‘, steckt mit Sicherheit auch bisschen Wahrheit.“ Aber hinter all der Attitude ist doch immer wieder auch ein Stückchen Selbstreflexion erkennbar.

So dunkel, laut und wütend manche der Stücke klingen, so leise, introvertiert und nachdenklich kommen viele der Songs auch daher. FEIND mit Deutschrap-Legende Azad ist ein Mut machendes Stück, das einen mit dem Leben versöhnt. Ganz ähnlich ALLES HELAL: ein emotionales Zwiegespräch mit dem eigenen Vater – über Glaube, Freiheit, Zukunft und Liebe -, während ABER WO BIST DU die berechtige Frage stellt, was es eigentlich nützt, wenn Träume wahrwerden, man sie aber mit niemandem teilen kann und sich stattdessen so schlecht wie lange nicht fühlt.
Im Zentrum von NACHT steht jedoch NUR MIR. Ein Song, in dem sich ELIF erbarmungslos mit dem Ende ihrer toxischen Beziehung auseinandersetzt. Damit, wie aus bedingungsloser Liebe plötzlich Psychospiele mit Besitzansprüchen wurden. Ein starker, selbstbewusster und eindrucksvoller Song über eine Trennung, wie man ihn nur selten zu hören bekommt. Ein Befreiungsschlag, ein Schlussstrich und auch ein neuer Anfang.
Mit NACHT hat ELIF Licht in ihr eigenes Dunkel gebracht. „Dieses Album fühlt sich an wie mein Debüt“, sagt ELIF. „Weil mir egal ist, was die Leute sagen. Es spielt einfach keine Rolle mehr. Das Wichtigste ist, was ich über mich selber denke. Dass ich mich kenne und mir selber vertraue.“

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