Ralph Heidel im Interview – „Ich lebe zwischen den Welten“

Ralph Heidel_Homo LudensEin Gespräch mit Ralph Heidel über Musik, Schaffensprozesse und sein Projekt Ralph Heidel / Homo Ludens

Wie seid ihr zu eurem Projekt gekommen?

Das ist an der Musikhochschule München im Rahmen meiner Abschlussprüfung entstanden. Dabei hat es mit den anderen Musikern „gefunkt“ und wir haben weitergemacht. In diesem Jahr kam unser Album bei dem Münchner Label Kryptox raus und seitdem spiele ich mit meiner Band.

Ich hatte die Idee, Streichquartette mit einer Rock- bzw. Rhythmusgruppe zu vermischen und so eine Mixtur aus vielen verschiedenen Genres entstehen zu lassen. Ich dachte, ich mache das einmalig für die Abschlussprüfung, aber wir haben weitergemacht, weil alle mitgezogen haben.

Was erwartet ihr von eurem Publikum und was wollt ihr mit eurer Musik transportieren?

Das ist eine schwierige Frage. Zu erwarten gibt es immer alles, weil die Vergangenheit zeigt, dass das Publikum immer ganz unterschiedlich reagiert.  Es kommt immer auf die Interaktion zwischen uns und dem Publikum an. Wir sind keine Partyband, bespielen aber auch kein reines Konzertpublikum, sondern versuchen, eine Zugänglichkeit zu schaffen und dabei trotzdem anspruchsvoll zu bleiben.

Wie geht ihr mit negativen Erfahrungen oder Rückschlägen in Bezug auf den musikalischen Schaffensprozess um?

Davon profitiert man total. Allgemein ist es so mit äußeren Einflüssen. Niemand ist allwissend, Vieles nehme ich mir zu Herzen, aber man lernt sich selbst und die eigene Musik noch viel besser kennen.

Oft ist es in der Musik so, dass man zwischen einem Schaffensprozess und Tradition steht. Wie findest du dich da selbst ein?

Das ist bei mir das Thema, weil ich total zwischen den Welten lebe. Ich produziere auch Musik, habe aber Komposition und Jazz-Saxophon studiert, meine erste Band war eine eine Drum’n’Bass-Band. Ich bin schon immer zwischen den Genres gewesen.

Mit Homo Ludens versuche ich, alles, was ich bisher gemacht habe und für gut befinde, zu verarbeiten. Ich habe verschiedene Projekte, aber da lebe ich mich in Bezug auf Genre und Geschmack  voll aus.

Fühlst du dich zugehörig oder kommst du gut klar damit, zwischen diesen Welten zu stehen?

Es ist Fluch und Segen zugleich. Ein Segen, weil man nirgends dazugehören muss und eine totale Nische hat. Natürlich auch negativ, denn wenn man dazugehört, ist es viel einfacher, daraus etwas Größeres zu machen. Ich habe es mir so ausgesucht und finde es super.

Mit deiner bzw. eurer Musik seid ihr ein bisschen aus der Zeit gefallen und vereint viele Einflüsse. Welche Band wärst du denn z. B. in den 1970er Jahren gewesen?

70er ist eine schwierige Zeit. Da hat natürlich Vieles angefangen, was Elektronik angeht und da findet sich ein großer Ursprung von dem, was ich mache. Wahrscheinlich wäre es Mahavishnu Orchestra gewesen.

Was ist für dich Ästhetik in der Musik?

Ästhetik ist ja erstmal kein wertender Begriff. Die Facetten sind viel zu groß, als dass man das ausreichend beschreiben könnte. Es ist eine Mischung aus interessanter Harmonik, spannender Rhythmik und – vor allem in der heutigen Zeit – interessanten Sounddesigns. In den 1920ern gab’s Schönberg in der klassischen, in den 1960ern die Beatles in der Popmusik – harmonisch und was Songstrukturen angeht, wurde alles schon gemacht, da kann man nichts mehr erneuern. Was den Sound und das Zusammensetzen verschiedener Sachen betrifft, ist noch Luft nach oben. Das ist auch mein Ansatz, den ich verfolge.

Aktuell ist es eine sehr spannende und aufwühlende Zeit, was Musik und Politik angeht. Inwiefern positioniert ihr euch oder geht es bei euch rein um die Musik und nicht um Politik?

Sobald man eine gewisse Art von Musik macht, positioniert man sich. Ich finde es nicht unbedingt notwendig, sich plakativ zu positionieren. Wir sind gar nicht in der Lage, die richtigen Leute mit unserer Nischenmusik zu erreichen.

Welchen Tipp hast du an alle, die Musik machen und ihr Glück versuchen wollen und was sagst du dir selbst als Motivation immer wieder?

Zu versuchen, nicht an das Publikum zu denken. Wenn ich Musik schreibe, denke ich an die Musik selbst. Ich frage mich: Was will ich wirklich sagen und ausdrücken? Dann ist man bei sich und nur so kann eine eigene Stimme entstehen. (A.E.)

Wer Ralph Heidel und sein Projekt Homo Ludens live erleben möchte, kommt heute Abend, 28.11.19, um 20:00 Uhr in die Münchner “MIlla”.