Als zweite Karriere könnte Matt Simons durchaus den Beruf des Musiktscouts ansteuern. Bei der Auswahl seines Supports hat der US-amerikanische Singer/Songwriter wieder einmal ein feines Näschen bewiesen und den schottischen Newcomer Daniel Docherty angeheuert. Der beherrscht sein Fach auf virtuose Weise und fasziniert das Publikum mit rhythmischen Fingerfertigkeiten an seiner Gitarre, herausragendem Gesang, sowie tiefgründigen und bewegenden Songtexten. Gleichzeitig weiß er – und das zeichnet ihn als Support aus – die Stimmung im Zuschauerraum zu lockern und amüsiert mit humorigen Geschichten über seinen „strange accent“, seine drei für die Tournee gelernten deutschen Sätze und seine Grimassen, die er während seiner äußersten Hingabe an die Musik unabsichtlich schneidet. Daniel Dochertys letzter Song ist ein Sing-along, den er selbst voll auskostet und der auch das Publikum zum Toben bringt. Von traurigen, aber wahren Geschichten bis hin zur Stimmungskanone beherrscht dieser Mann die komplette Bandbreite und begeistert mit außergewöhnlichem Talent und Taktgefühl das doch überwiegend weibliche Publikum.
Auch Matt Simons liefert im Anschluss mit 1* ab. Während seines Konzerts legt er den Fokus völlig auf die Musik, weniger auf die Showeffekte. Er spielt Klavier, singt, erzählt und konzentriert sich ganz auf den Genuss für Zuschauerohr. Trotz des, für einen Star wie Matt Simons, erstaunlich übersichtlichen Publikums, scheint er, wie schon Daniel Docherty, der Deutsche unglaublich freundlich findet, ebenfalls eine Schwäche für sie zu haben: „You guys are fun“. Die emotionale Überschwänglichkeit bestimmt den Abend, der für die Band das Abschiedskonzert ihrer Europatournee bedeutet und den Anwesenden das Gefühl verleiht, gerade Teil von etwas Besonderem zu werden. Matt Simons legt Wert auf hochkarätige musikalische Begleitung und holt sogar seine frisch geheiratete Frau, über die er daneben auch einen ziemlich fröhlichen Song zum Besten gibt, zu einem Duett, „Dust“, auf die Bühne. Mit „We´re all about new“ versucht er die Auswahl seiner Songs zu rechtfertigen: keine Lust mehr auf die alten Ohrwürmer, zieht euch lieber das neue Zeug – „something brandnew, new stuff“ – rein. Das ist schade, aber aus Sicht des Künstlers verständlich. Matt Simons schlachtet das emotionale Potenzial seiner Musik nicht aus, sondern präsentiert sie fokussiert, wie die Ballade „To the Water“, mit der ihm durch einen Mix aus Rock und Gefühl eine wunderschöne, mitreißende Live-Adaption gelingt. Einen Klick wert ist auch ein neuer Song, der im November erscheinen wird: „Amys Song“ über Liebe, Religion und Gott. Im Publikum sind zarte Regungen, wippende Beinchen und Hüften zu beobachten, einige wenige sind euphorischere Teilhaber. Insgesamt ein sehr schöner Abend erfüllt mit Musik, bei der die Ohrwürmer etwas kurz kamen – aber auch ein Matt Simons darf die Ambitionen verfolgen, vom One-Hit-Wonder zum Musikstar aufzusteigen. Und das wird ihm mit großer Sicherheit gelingen.
Musiktipp: „Lay Your Worry Down“ (feat. Milow)(S.N.)