Gabriel Rios im Interview – Der Moment in der Musik ist bedeutend

Der puerto-ricanische Sänger Gabriel Rios erzählt im Interview über sein neues Album „This Marauder’s Midnight“, über Gefühle in der Musik und was es für ihn bedeutet, Songs zu kreieren.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, Gabriel. Lass uns doch über dein neues Album „This Marauder’s Midnight“ reden. Was kannst du über den Titel und vor allem die Zeit, in der du das Album aufgenommen hast, sagen?

Gabriel Rios: Ich fange normalerweise mit dem Titel an, da das hilft, vor allem auch die Grundrisse der Story, die ich erzählen möchte, festzulegen. Es gibt auch eine spezielle Ausgabe von diesem Album, dem eine geschriebene Story mit Illustrationen beiliegt. Ich habe mir überlegt, den Titel der Geschichten zu nehmen und zu dem meines Albums zu machen, also quasi ein Buch zu nehmen und dieses dann auch in mein Album mit einzubeziehen. Die Special Edition beinhaltet auch Liveaufnahmen.

Was ist für dich am wichtigsten, wenn du Gefühle in Musik transferieren willst? 

Gabriel Rios: Der ganze Prozess ist für mich sehr ausschlaggebend. Ich weiß nicht, was passieren wird im Laufe der Schaffensphase, weil alles möglich ist. So etwas ist von so vielen Momenten abhängig, Bei mir dauert das immer eine ganze Weile und es ist sind viele Dinge, die dahingehend zusammen mit einspielen. Ich kann mich nicht einfach hinsetzen und drauf losschreiben, weil es auch vor allem Geschichten sind, die ich in meinen Songs verarbeite. Ich fange auch niemals mit dem Text an – es ist eher so, dass ich mich mit meiner Gitarre hinsetze und erst die Melodien finde.

An welchem Punkt weißt du, wann ein Song perfekt und beendet ist? 

Gabriel Rios: Das ist eine gute Frage. In der Vergangenheit habe ich viel mit Technik gearbeitet, doch quasi vom einen auf den anderen Tag habe ich mich dagegen entschieden, um ganz anders zu arbeiten, eher wieder back to the roots, wenn man so will. Ich wollte sicher gehen, dass der Song beendet ist, indem ich ihn einfach so spiele. Als ich nach New York gegangen bin, wusste ich, dass diese Stadt perfekt für Livemusik ist und so haben sich auch meine Songs gefunden. Es sollten einfach keine Fragmente sein, sondern ein ganzer, zusammenhängender Song, der nicht aufgeteilt wird, wenn man ihn aufnimmt. New York hat mir geholfen, meine Songs zu beenden und zu perfektionieren, indem ich dort live aufgetreten bin, vor allem, weil es wenige Leute waren, sodass es wirklich intensive Momente waren, in denen ich meine Songs vorgestellt habe. Das ist ganz anders, als ins Studio zu gehen und dort an den Songs herumzubasteln, bis sie passen.

Wie ist das bei deinem aktuellen Album gewesen?

Garbriel Rios: Es war dieses Mal ganz besonders, sehr natürlich und vor allem ist vieles im Moment passiert. Wir haben viele der Songs lange Zeit immer und immer wieder als Trio gespielt, bis wir letztendlich ins Studio gegangen sind. Das hat sehr beim Schaffensprozess geholfen.

Du hast in der Vergangenheit öfter über „nackte Songs“ gesprochen. Was ist die wichtigste Message der Songs?

Gabriel Rios: Da geht es vor allem um die Verbindung zu Menschen, die die gleichen Dinge hören wollen wie ich. Ich fühle mich selbst immer als Teil des Publikums, denn ich weiß immer ganz genau, dass ich mitten auf der Bühne stehe und dass man mir in diesen Moment zuhört. Und genau dann teile ich unheimlich viel mit dem Publikum, da sie meine Songs, meine Melodien und meine Worte hören. Genau dann bin ich am ehrlichsten, da es auch sehr intime Momente sind, die ich dann teile, weil ich mich auch nicht verstecken will – jetzt nicht und auch nicht vor dem, was in der Vergangenheit war.

Kannst du beschreiben, warum Kunst und Musik nicht zwingend glücklich sind?

Gabriel Rios: Man kann Freude empfinden, während man etwas singt, das unglaublich traurig ist. Für mich kommen viele Dinge auch daher, dass ich der Stille entfliehen will, der Leere meines Zimmers und dass ich einfach komponiere. Da ist so viel Energie, die auch irgendwo platziert werden muss und für mich ist es eben das Schreiben der Songs. Aber das alles kommt nicht unbedingt aus einem Frieden oder einer Stille heraus. Früher oder später kommt eine gewisse Spannung auf, von der du vorher noch nicht wusstest, dass sie da sein würde.

Es sind die Gefühle, die man für sich selbst hat, die aber auch zwangsläufig mit der Musik transportiert werden und das ist natürlich auch in gewisser Weise etwas gefährlich, da man sich immer darüber bewusst sein muss, dass diese Gefühle auch beim Publikum ankommen.

Jeder fühlt einen Song anders. Wie bewertest du das?

Gabriel Rios: Auf der Bühne gibst du alles und versuchst, das Beste zu geben, was du kannst. Und dann können die Reaktionen der Leute komplett unterschiedlich sein. Das ist etwas, das man akzeptieren muss, während man immer hofft, dass man zum einen eine Verbindung zum Publikum aufbauen kann, aber dass sich auch das Publikum als homogen erweist und eine einheitliche, positive Stimmung aufkommen kann.

Du hast erwähnt, dass du keine Unterschiede in den Genres machen möchtest. Was ist für dich besonders daran, die unterschiedlichen Stile zu mischen?

Gabriel Rios: Je mehr Musik ich mache, desto homogener wird es. Als ich jünger war, wollte ich alles auf ein Album packen, um zu zeigen, was ich kann. Das ist eigentlich ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Heute weiß ich, wie ambivalent ein einzelner Song schon sein kann. Es geht mir aber gar nicht mehr so sehr um den Stil, sondern eher darum, dass ich eben mit den Instrumenten – Bass, Gitarre, Cello – arbeiten kann und somit die Diversität in den Songs erreiche. Auch das ist immer ein Test, ob es passt. Es gibt viele Namen für Genres, aber ich versuche keinen einzelnen Sound zu schaffen oder auch einen einzigen Namen zu finden, sondern mische die Stile und das ist dann für mich das, was es ausmacht. Ich bin sehr glücklich, dass es sich bei mir in diese Richtung entwickelt hat.

Wenn du an die Anfänge deiner Karriere zurückdenkst und die Zeit damals mit heute vergleichst: Wo siehst du die größten Unterschiede?

Gabriel Rios: Zunächst bin ich sehr glücklich darüber, wie es sich entwickelt hast. Ich habe mit Technobeats und Musik am Computer angefangen, es war alles so durchgestylt. Jetzt bin ich wieder am anderen Ende und mache auf die natürlichste Art Musik, die technisch nicht verändert wurde. Aber am wichtigsten in der ganzen Zeit ist, dass ich mich mit den Leuten durch die Worte und Musik verbinde. Anfänglich war da sehr viel Enthusiasmus und auch Beliebigkeit, doch jetzt ordnet es sich und ich mache eine andere Art von Musik mit einer anderen Art von Stimmungen und Gefühlen.

Was kannst du abschließend für 2015 bekanntgeben?

Gabriel Rios: Heutzutage kann man sehr glücklich sein mit dem, was im Musikbusiness passiert, aber auch vorsichtig. Wir werden erstmal versuchen, auch außerhalb Belgiens eine Fangemeinde aufzubauen und dann überall kleine Shows spielen und unsere Songs da draußen bekannt zu machen.

Vielen Dank für das Interview.

(A.E.)