GLEN HANSARD – Am Samstag im Circus Krone München

Glen Hansard live im Circus Krone MünchenÜberlebensgroß

Als Kontrastprogramm zu all den jungen Schmonzetten-singenden Lagerfeuermusikern, finden sich heutzutage gottlob noch immer solche Raritäten wie Glen Hansard aus Dublin. Seine irische Herkunft ist nur unschwer anhand klischeehafter, roter Haare und seinem Seemannsakzent zu erkennen. Seine Musik indes ist mittlerweile dem reinen Irish-Folk entwachsen und vereint einfühlsame Balladen, rauen Blues und gar Indie-Rock, welchen der junge Glen einst bei seiner früheren Band, The Frames erlernt haben mag.

Den Abend im Circus Krone eröffnete Landsfrau Nina Hynes. Mit ihrer piepsigen, häufig falsch intonierenden Stimme und den entrückten, schwarz beleuchteten Songfragmenten, ließ sie schnell den Eindruck entstehen, sie sei nicht ganz bei sich. Auch die Interaktion mit dem Publikum ließ darauf schließen, es befänden sich mehrere Universen zwischen der Musikerin und den Menschen in der Manege. Und dennoch verzauberte die Songschreiberin mit düster angedeuteten Geschichten.

Der Mann des Abends brachte dann ganze sieben Musikerinnen und Musiker mit auf die Bühne, während die Beleuchtung sich weiterhin in Grenzen hielt und die ganze Aufmerksamkeit somit den Akteuren gewidmet werden konnte. Schon “I´ll Be You, Be Me” klang fantastisch. Der Sound war atemberaubend, die Leidenschaft, mit der Hansard diesen im Saal entfachte, beispiellos. Spätestens als “When Your Mind´s Made Up” angestimmt wurde, war wirklich jeder Konzertbesucher den Tränen nahe. Gefühlvoll trug der bärtige Barde im Anschluss “Bird Of Sorrow” am Klavier und “Winning Streak” an der Gitarre solo vor und erneut musste man mit Gänsehaut im Nacken feststellen, dass man es hier und heute mit einem der derzeit besten Sänger überhaupt und einem amtlichen Komponisten zu tun hatte. “Didn´t He Ramble” explodierte förmlich in einem zehnminütigen Jam der Generationen und fand eine gelungene Ausschmückung mit “LA Woman” und Jim Morrisson´s Worten “Mister Mojo Risin´”.

Der Blues wurde dann mit “Way Back In The Way Back When” beschworen und mit ihm die Geister und Dämonen fehlender Toleranz und Willkommenskultur. Jeder, der seine Heimat schon einmal verlassen hat müssen, um einen Ort zu finden, an dem es ihm besser geht, sollte das verstehen – so Hansards Plädoyer dazu. Voller Sehnsucht schritt er in der Mitte des Sets dann an den vorderen Bühnenrand und verzauberte den gesamten Circus Krone Bau mit seiner bloßen Stimme, als er das Mikro beiseite stellte und “Grace Beneath The Pines” sang. Gefolgt vom Oscar gekrönten Song “Falling Slowly” stellten diese Augenblicke den Höhepunkt einer abwechslungsreichen Show dar, welche aber sogar noch eine Steigerung erfuhr, als das Publikum mit dem wundervollen “Her Mercy” als Ode an Leonard Cohen beschenkt wurde.

Flankiert wurden die Stücke mit teilweise selbstironischen und oft augenzwinkernden Anekdoten zu ihrer Entstehungsgeschichte. Wie sehr Glen Hansard sein Publikum spielend leicht um den Finger wickeln kann, merkte man daran, wie sehr jeder Einzelne an seinen Lippen hing und nur ganz selten einmal ein Mobiltelefon zur visuellen Aufzeichnung bemüht wurde. “The difference between young and old men is, that the young men always want to GET there and the old men always want to BE there”. Der Schlüssel liegt also immer noch darin, den Augenblick zu genießen.

Auch jedes Bandmitglied hatte einen Moment für sich und konnte während eines kurzen oder auch mal längeren Solos glänzenen. Und auch hier konnten nur 10er-Bewertungen vergeben werden. Ein großartiges Ensemble an Saxophon, Klavier/Orgel, Violine, Gitarre, Schlagzeug, Bass und klassischer Flamenco-Gitarre.

Natürlich war dieser Abend viel zu schnell vorbei und es blieb eigentlich nur eine Frage offen: wieso zum Teufel kennen so wenige Menschen diesen Teufelskerl von einem Künstler? (ODI)