Guns N’Roses – Estadio Olympico, Barcelona

gunsnrosesIn die Jahre gekommene Rocker begeistern in die Jahre gekommene Rocker*innen

Mit den Gunners ist das ja so eine Sache. Entweder, man mag sie trotz aller Exzesse rund um ihren narzisstischen Sänger und den Jahrzehnte andauernden Drogen- und Alkoholmissbrauch des Leadgitarristen, oder man schämt sich einfach nur fremd, wenn Axl Rose mit dicken Ringen an den Fingern, mehreren Panzerketten um den Hals, einem dämlichen Cowboyhut auf dem Kopf und sinnlosen Westernstiefeln an den Füßen in Erscheinung tritt.
Wenn man aber mit dieser Band groß geworden ist und erste Erfahrungen im Umgang mit dem anderen Geschlecht zu Songs wie „Sweet Child O Mine“ oder „Mr. Brownstone“ gemacht hat, dann liebt man Guns `N` Roses. Mittlerweile dürften sich Menschen, die jener erwähnten Generation angehören, jenseits der Vierziger bewegen und das machte sich dann auch bei einem Blick ins nicht ganz ausverkaufte Olympiastadion von 1992 bemerkbar: Ältere Herren, die sich von ihrer dünn gewordenen Haarpracht nicht trennen wollen, rücken zum Intro noch einmal die Gleitsichtbrille zurecht. Reifere Damen, die sich in hautenge Lederhosen gequält haben, zupfen ihre bauchnabelfreien Axl-Shirts in Form. Das passte aber vorzüglich zur noch verbliebenen Ur-Besetzung der Gunners. Einzig Duff McKagan präsentierte sich in vorbildlichem Zustand: Topfit und vor allem nüchtern. Mit einem Augenzwinkern trug er wieder das T-Shirt mit der Aufschrift „No Fucks Given“.
Die Setlist auf dieser „Not In This Lifetime“-Tour ist natürlich nicht flexibel. Jeden Abend rocken die Gunners das gleiche Programm. Aber auch das ist gut so, denn am Ende des Abends haben sie wirklich keinen Gassenhauer, keinen Hit und auch keine kleine Peinlichkeit ausgelassen. Der Beginn mit „It´s So Easy“ preschte voran. „Welcome To The Jungle“ offenbarte die Live-Qualitäten der Band noch einmal perfekt. Messerscharf setzte Axl mit seinem, durch Mark und Bein gehenden Organ, ein. Das gelang ihm in dieser Form später nicht mehr. Mittlerweile ist von der einst so gefürchteten Rampensau in weißen Radlerhosen, die auch mal von der Bühne gesprungen ist und einem verdutzten Fotografen einen Fausthieb ins Gesicht verpasst hat, nicht einmal mehr das „Kill Your Idols“-Shirt übriggeblieben. Einst hatte Axls Reibeisenstimme einen ganz eigenen Charakter, inzwischen setzt er auf eine näselnde und viel schonendere Kopfstimme. Fast konnte einem der Rotschopf an diesem warmen spanischen Abend leid tun. Er bemühte sich. In einem anderen Kontext wäre dies ein vernichtendes Urteil. Für einen Mann, der in der Vergangenheit aber Konzerte nach zehn Minuten ohne Grund abgebrochen hatte, bedeutet dies etwas Anderes.
Über drei Stunden sollten Guns `N` Roses heute ihr Publikum beglücken. Das lag auch daran, das Slash so manches Solo in die Länge zog, was teilweise an die Grenzen des Erträglichen stieß. Fairerweise muss man der Band an dieser Stelle aber zugutehalten, dass eben dieses Gegniedel auch nicht hätte fehlen dürfen. So wurde das in den frühen Neunzigern von jeder Stadionband gemacht und darauf hatte man sich gefreut.
Wieder gab es eine tolle Hommage an Chris Cornell in Form von „Black Hole Sun“, ein paar gelungene Überraschungen mit „Patience“ und dem vom 93er-Album „The Spaghetti Incident“ bekannten Misfits-Cover „Attitude“, welches Duff singen durfte. Auf „November Rain“ wollte Axl Rose auch heute nicht verzichten, aber wer mochte ihm diese zehn Minuten des Glücks nicht gönnen? Das gibt es auch nur bei den Gunners: erwachsene Menschen, die dahinschmelzen, während eine Pianoballade mit – auf der Digitalleinwand einschwebenden – Rosenblättern präsentiert wird. Axl traf jeden Ton, inszenierte sich, am Flügel sitzend, als den poetischen Rockstar.
Kurz vor Ende dann noch der Paukenschlag mit „Nightrain“ und natürlich „Paradise City“, wofür ein Feuerwerk über dem Montjuïcentfacht wurde. Ein grandioser Abschluss!
Es war ein langer und ein schöner, manchmal sogar melancholischer Abend. Vergessen wollen wir an dieser Stelle auch nicht die Jungs von Volbeat. Die Dänen boten mit ihrem souveränen Party-Elvis-Metal einen amtlichen Einheizer für die Guns `N´ Fuckin` Roses.(ODI)