Honeymoon – Melancholie erhält Einzug mit Lana Del Reys neuestem Album

lanadelreyhoneymoon_coverDass sie die Meisterin der Melancholie und der traurigen, tiefgründigen Worte ist, ist seit „Summertime Sadness“ jedem klar. Nun hat Lana Del Rey noch eine Schippe draufgelegt und mit ihrem neuen Album „Honeymoon“ die Messlatte etwas höher gehängt. Gleich zu Anfang sollte jedoch geklärt sein, dass sie keine Nina Simone ist, deren Song „Don’t Let Me Be Misunderstood“ sie covert. Doch ihr Album trägt nicht umsonst den bittersüßen Titel „Honeymoon“ – es sind wabernde, elegante, schwere Klänge, die an Tragik und der zu spürenden Last, die auf nicht sichtbaren Schultern lasten, nicht zu übertreffen sind. Es ist, als würden Arme gegen Windmühlen kämpfen, nicht fähig, sich loszureißen.

Honeymoon, zu Deutsch „Flitterwochen“, klingt so ein wenig lapidar. Das sollte nicht fehlleiten und an zuckrige, wolkenlose Himmel, romantische Abende und makellos weiße Strände denken lassen, sondern vielmehr ist diesem Begriff dem Wort „Moon“ Aufmerksamkeit zu schenken. Wir erinnern uns noch an Zeiten, in denen alle vor ihren Laptops saßen und „Video Games“ viral ging. Davon ist die Sängerin, die zum Symbol für so vieles wurde, mittlerweile weit entfernt. Es liegen viele Sommer dazwischen, viel Sadness und viele getragene „Blue Jeans“, die von der Brutalität und der Traurigkeit von gescheiterten Beziehungen erzählen. Nicht anders bei „Honeymoon“, wo der Titel zur zynischen Persiflage avanciert, wagt man es, nur eindimensional darüber nachzudenken. Lana del Rey haucht, wispert,seufzt und ist dabei authentischer denn je, ist trotz aller gesungenen Verbitterung erwachsen geworden und lebt das in ihrer Musik. Es gibt keinen erhobenen Zeigefinger, mitnichten. Auch kein mitleiderregendes Geheule. Sondern ehrliche, unverblümte Antworten auf Fragen, die man sich stellt. Antworten, die wehtun.

Wieder einmal ist sie sehr retro. Das Cover ist retro, die Musik ist retro. So mag man der Sängerin vorwerfen, sich nicht weiterentwickelt zu haben und am alten Stil festzuhalten und damit durchaus Recht haben, doch machen Titel wie „The Blackest Day“, „24“ oder „Music to Watch Boy to“ deutlich, wie sehr sich Lana Del Rey in ihrem Genre gefunden und etabliert hat. Sie gibt denjenigen Mut, die nie danach gefragt haben. Sie gibt denjenigen eine Stimme, die sich mit ihrem Schicksal oberflächlich abgefunden haben. Sie sagt nicht „Steht auf, Revolution!“, sondern haucht es zart und weint leise um das, was man niemals hätte anfangen sollen. Ihre Texte zeugen von tiefer Traurigkeit, Emotionalität in brachialem und pathetischem Maß sind auf diesem Album nicht ihre Stärke und vielleicht auch nicht ihr Anliegen. Aber dennoch sagt sie, dass da ein kleiner Hoffnungsschimmer ist. Den man nur findet, wenn man in sich selbst reinspürt, die Melancholie annimmt, den eigenen Herbst entdeckt, den Moment auffängt und weilen lässt.(A.E.)