ISOLATION BERLIN verkünden den Release ihres neuen Albums “Electronic Babies”

isolationberlin_electronicbabiesSeit die Selbstinszenierung des Einzelnen zum Ultimum erklärt wurde, sind Bands aus der Mode gekommen. Zeitgeistigen Aspekten steht die Band Isolation Berlin jedoch mit Sicherheit gleichgültig gegenüber. Stattdessen kreieren sie ihr eigenes Genre und nennen es treffend Protopop. Tobias Bamborschkes Gesang ist eindringlich, melancholisch, mitunter nihilistisch. Das Spektrum der Band reicht von Pop über Rock bis zum Chanson. Und es ist gewiss kein Zufall, dass Sven Regener von Element of Crime auf dem neuen Album als Trompeter in Erscheinung tritt. Auch die Shoegazing-Anklänge des Plattencovers kommen nicht von ungefähr.

Aber viel wichtiger sind das Leid, die Wut und der Humor in der Musik von Isolation Berlin. So etwas findet sich heutzutage nur noch selten. Das Album beginnt direkt mit dem Opus Magnum „Echt sein“. Bamborschke singt: „Mit hoch erhobenem Finger / Und wild entschlossenem Blick / So stand ich wütend da / Doch da wurd mir rechtzeitig klar / Ich bin ja selber so ein Arsch“. Der Song endet in einem überbordenden und schwelgerischen Wunsch des Erzählers nach Selbstakzeptanz. Während der Sänger sich selbst umarmt, werden wir von der Musik umarmt. Und wir spüren, dass wir alle gemeint sind, wenn Bamborschke vom „ich“ singt.

Wohingegen man bei der bereits veröffentlichten ersten Single „Verliebt in dieses Lied“ zunächst meint, in eine wohlig-nostalgische Stimmung zurückversetzt zu werden („Die Tage waren unendlich sanft / Der liebe Gott hat uns noch alle sehr geliebt / Wir guckten Nickelodeon / Und dann kam was / Und dann kam was auf MTV“). Doch dann spürt man, wie der Abgrund uns zwischen den Zeilen anstarrt. Auch weil Bamborschke die drei Buchstaben MTV auf einzigartige Weise intoniert

Er ist ohnehin ein Meister seines ganz eigenen Ausdrucks. Zum Beispiel wenn er singt: “Mich quält so sehr das Tageslicht / Denn ich ertrag mich selber nicht / Mir ist so schlecht, ich glaub ich muss krepieren / Die Schuld vergangener Tage / Liegt mir so schwer im Magen“ Das sind Zeilen aus dem Song „Der Trinker“. Mit Hintersinn zitiert der Titel zugleich einen Roman vonHans Fallada und ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner. Es gibt allerdings auch Momente, in denen Isolation Berlin sich voll im Hier und Jetzt befinden und zur lauten Rockband mutieren. „Ratte“ ist der beste Rattensong seit „Wir sind die Ratten“ der Berliner Band Vorkriegsjugend; “Drugs” entfaltet in Musik und Text eine gespenstische Anziehungskraft; und im Titelsong„Electronic Babies“ singt Bamborschke den Songtitel nicht, sondern spuckt ihn regelrecht aus. Selten wurde die Stumpfheit der Digitalisierung eindringlicher beschrieben.

Und selbstverständlich gibt es Nichts un-digitaleres als eine Band. Menschen finden sich im Proberaum oder Studio zusammen um gemeinsam etwas zu erschaffen. Aufgenommen, arrangiert und produziert haben Isolation Berlin „Electronic Babies“ in ihrem eigenen Proto-Pop-Studio. Für zwei der elf Titel hat sich die Band allerdings Moses Schneider als Co-Produzenten hinzugeholt. Das will was heißen, denn bisher haben Isolation Berlin Produzenten strikt abgelehnt und stets alles komplett selbst gemacht. Dass sie dazu in der Lage sind, haben sie längst bewiesen und beweisen sie auch auf diesem Album wieder.