Unser Rückblick auf das Jahr 2018

ROCKIMPARK2018Unser musikalisches Jahr, welches sehr turbulent zu werden versprach, startete traditionell mit dem Muffat-Winterfest. Es war wie in den vergangenen Jahren eine riesige Party und genau der richtige Beginn ins neue Jahr.

2018 war turbulent, nicht nur musikalisch. Politisch ging es in der Musikszene in den letzten Jahren kaum so hoch her wie in den letzten Monaten. Gleich im April sorgte die Echo-Verleihung für Schlagzeilen und die Medien drehten frei. Die „Künstler“ Farid Bang und Kollegah wurden für ihr Album mit dem Echo ausgezeichnet, was für diejenigen mit gesundem Menschenverstand schier unglaublich war, singen sie auf ihrer Platte davon, dass ihre Körper „definierter sind als die von Ausschwitzinsassen“. Interessant ist hier vor allem, dass der Echo ein Publikumspreis war. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Nicht nur ärgern musste man sich. So gab es gleich im Januar ein wunderbares Wohnzimmerkonzert von LIANN, das noch jetzt in warmer Erinnerung ist. Mit Alt-J in der Olympiahalle ist ein erstes Konzert-Highlight zu nennen, von denen es 2018 wirklich viele gab: Steel Panther, Hollywood Undead, K.I.Z., Laibach und vor allem immer wieder die Donots, welche nicht müde werden, ihre politischen Statements öffentlich zu machen. Dafür muss ihnen an dieser Stelle einmal Respekt gezollt werden, denn das war in diesem Jahr nicht immer leicht, den Kopf nicht einfach in den Sand zu stecken und der Welt den Mittelfinger zu zeigen.

Jede Menge Gänsehautmomente durften wir bei Moses Pelham, Nada Surf, Amy Shark und Elif erleben. Diese Musiker haben verstanden, Herzen zu berühren und für eine unvergessliche Stimmung zu sorgen.

Unvergesslich war auch die Festivalsaison. Obwohl der Wettergott den Sommer im Mai noch nicht freigeben wollte, eröffnete das Theatron Pfingstfestival auf der Seebühne des Olympiaparks die fünfte Jahreszeit der Musikfans alias die Festivalsaison. Mit einem internationalen Line-Up erfolgte die kostenlose Reise von Wien bis Palästina mitten in München in nur drei Festivaltagen.

Das zweite Festival auf der Bucketlist 2018 war das PULS Open Air im Juni in Kaltenberg. Kraftklub versammelten als Headliner das gesamte Wochenendpublikum vor der Hauptbühne. Neben Faber, Trettmann und Drangsal sorgten Moop Mama, Secret Act 2018, für Stimmung im deutschen Texte-Universum. Abgesehen von einem bestechenden Line-Up überzeugte das PULS Open Air auch dieses Jahr wieder mit Liebe zum Detail und einem interaktiven Rahmenprogramm mit Workshops von Feminismus bis Musikmanagement.

Noch größer, noch länger, noch lauter? Die Profilbeschreibung passt auf das Southside Festival. In Neuhausen ob Eck eroberten die Arctic Monkeys nach mehrjähriger Bandpause das Zepter des Indie-Rock-Dschungels zurück. Grund genug für Fans aus aller Welt, dem deutschen Open Air einen Besuch abzustatten. Damit nicht genug, neben Billy Talent, Wanda, George Ezra, The Prodigy und The Kooks spielten 95 weitere schlagende Argumente das Southside Festival am WM-Wochenende in die oberste Liga.

Zu guter Letzt wollen wir noch einen Blick auf den 26. August 2018 werfen. Ein tragischer Vorfall in Chemnitz hatte zur Folge, dass eine Woge des “Wir-Gefühls” durch die Bevölkerung strömte und viele Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, sich ihrer Verantwortung bewusst wurden.

Ein besonderes Fundstück war hierbei aber die Social-Media-Botschaft von Philipp B., seines Zeichens Frontmann einer norditalienischen Rock-Band. Ihm müssen die Chemnitz-Vorfälle wie ein Zeichen des Himmels vorgekommen sein. Eine wohl inszenierte Reaktion auf die Geschehnisse gab ihm die Gelegenheit, seine Band wieder ins rechte Licht zu rücken. Hatte diese in den letzten Jahren doch vermehrt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen, sie wäre mindestens der rechtspopulistischen, wenn nicht sogar antisemitischen und nationalpatriotischen Szene zuzuordnen.

So versuchte B. sich in seinen jüngsten Mitteilungen weitestgehend von Extremismus zu distanzieren und schrieb das „…Ängste und Sorgen von Abermillionen Menschen endlich wirklich ernstgenommen werden müssen…“, was sich aus dem Kontext gerissen wie eine Propagandaschrift aus einem alternativen Faltblatt liest. Er blieb weiter unkonkret in seinen Äußerungen, mahnte „bleibt besonnen, handelt nach Eurem Herz und Verstand und bleibt unbedingt bei der Wahrheit! Lasst euch von nichts und niemandem benutzen.“ Von welcher Wahrheit er dabei ausging, blieb unklar.

Vielleicht war dies als eine Anspielung auf die vermeintliche Instrumentalisierung des Mordes zweier offenbar aus dem Migrationsmilieu stammender Jugendlicher an einem jungen Mann zu verstehen?

Solle man der Hetze und Verallgemeinerung, die von diversen Gruppen und Parteien initiiziert wird, nicht folgen? Oder war dies an die Gegendemonstranten gerichtet, die scheinbar wie gut gehütete Schafe blindlings in ihr Verderben rennen, weil sie „gutmenschlich“ falsch gewählt und einem gigantischen Strom, vor Krieg flüchtender Menschen durch Grenzöffnung zugestimmt haben?

Den Kern des Problems sah Philipp B. in der Zuwiderhandlung der Politiker, denn die fehlende Empathie gegenüber „Abermillionen“ besorgter Menschen würde diese doch überhaupt erst auf die Straße treiben.

Derlei Politischem-Mitte-Klischeegeschwafel kann man freilich stets nur schwer folgen, denn es bleibt bei der Tatsache, dass ein unschuldiger Mensch gestorben ist. Die Frage der Herkunft des Opfers und der beiden Täter sollte nicht im Fokus der Ermittlungen stehen. Und schon gar nicht darf die Tat von einem größeren öffentlichen Interesse sein, als jedes andere Verbrechen auch. Denn daraus lassen sich allerlei Spekulationen und realitätsfremde Anschuldigungen generieren. Jede vergleichbare Tat eines Nicht-Ausländers wird damit banalisiert und dem jeweiligen Opfer nicht der angemessene Respekt entgegengebracht!

Dies hatte Phillip B. ebenso wenig in Betracht gezogen, wie 7.000 Menschen, die ein Zeichen gegen die bundesbürgerliche Zuwanderungspolitik gesetzt haben.

Und so meldeten sich viele Musiker, Schauspieler und andere Künstler ebenso wie Politiker gerade rechtzeitig zu Wort um gehört zu werden, von denen heute aber niemand mehr über diesen schrecklichen Mord spricht.

Aber es versammelten sich auch 65.000 Menschen zu einem grandiosen Soli-Konzert mit den immer wieder gleichen Verdächtigen: Die Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet, Kraftklub, K.I.Z., Marteria & Casper, Nura und Trettmann. Danke dafür!

Wir blicken zurück auf ein turbulentes Jahr 2018, das musikalisch so abwechslungsreich wie selten war und freuen uns auf ein spannendes 2019. Wir wünschen allen einen guten Rutsch und alles Gute!

Hier geht es zu allen Fotos des Konzertjahres 2018