Sookee mit „Lila Samt“ – Zwischen Rebellion und Lyrik 

Was haben bloß alle immer mit der Moralisierung? Sookee, die deutsche Rapperin aus Berlin (wa?), schwingt die Moralkeule. Dabei kann man es belassen. Oder auch nicht.

sookee_lila_samt_coverMit ihrem neuen Album „Lila Samt“ ist sie nämlich erneut politisch, verpackt diese Position aber in sensible Texte, die dennoch enorme Durchschlagkraft haben. Die Zeilen beschönigen nichts und fügen sich auch keineswegs in ein Muster ein, welches man dem Album auflegen und schön ausmalen kann. Denn Sookee malt mit jedem Song über den Rand. In bunt und ohne Lineal. Denn dieses setzt sie nur an, um zu unterstreichen und Ausrufezeichen zu zeichnen. Ein Album, das vom Intro bis hin zu „Vorläufiger Abschiedsbrief“ klare Töne anspricht, Grenzen austestet, ohne zu schikanieren oder eine halbwegs vertretbare Meinung zu finden. Denn die Meinung ist von Anfang an da und hält mit Direktheit nicht hinterm Berg.

Und nun? Was passiert da bei Sookee, die eigentlich Nina Hantzsch heißt und Linguistik und Gender Studies studiert hat. Gender Studies. Der wunde Punkt aller Studierenden, weil man da so verdammt korrekt sein muss. Jaja, wir alle wissen um den Unterschied zwischen Gender und Sex. Doch auch hier gibt es verschiedene Ansätze, damit umzugehen. Sookee nimmt ihr Wissen und schleudert es dem Hörer nicht ungefiltert um die Ohren, sondern setzt sensible Pointen, die daher umso mehr wehtun werden.

Musikalisch bewegt sie sich ein wenig von ihren vorherigen Alben weg und beweist formidablen Geschmack mit den Kollaborationen wie z.B. Amuwe, Shirlette Ammons oder auch Mal Élevé und Ben Dana. „Lila Samt“ ist alles, aber nicht langweilig oder durchproduziert, um produziert zu werden.

Die Texte sind das, was das Album ausmacht, das, was Sookee ausmacht. Nie aggressiv oder predigend, aber immer mit dem Skalpell der Wahrheit. Sookee nimmt kein Blatt vor den Mund, spricht das aus, was sich andere nicht zu sagen trauen und unterstreicht dann diese Worte nochmals mit aller Eindeutigkeit.

Provokation wird hier groß geschrieben, aber diese ist nicht enervierend oder gar eine, der man den Mittelfinger zeigen möchte. Man schaut zwischen die Zeilen, der Sinn dieser erschließt sich beim ersten Hören. Dann nochmal beim zweiten. Und beim dritten.

Da wird von Penisneid gesungen (oh hallo, Onkel Siggi!), der lila Samt zieht sich durch jedes Lied und legt sein weiches Kleid über das gesamte Album. Denn hier geht es darum, ein Bild zu kreieren, das nicht einfach so hingenommen wird, das nicht einfach etwas repräsentiert, wo den Leuten nach dem Mund geredet wird.

Dubstep und Grime sind hier prägend, aber ohne, dass der Hip Hop aus den Augen verloren wird. Es sind auch keine albernen Wortspiele, die flach sind. Messerscharfer Verstand beschäftigt sich hier mit dem, was unsere Generation bewegt und das fühlt sich gut an.

„Keine Kraft für Kraftlosigkeit“ rappt Sookee. Damit ist eigentlich alles gesagt, was unsere Zeit zu einer macht, in der jeder versucht, seinen individuellen Platz zu finden.

Ein Album voller Inhalt ohne aufdringlich zu sein. Ab sofort zu kaufen beim Plattenlabel SPRINGSTOFF, bei iTunes oder Amazon oder dem Plattenladen eures Vertrauens. (A.K.)