Über Wut und Schmerz: Bullet For My Valentine melden sich mit „Gravity“ zurück

bulletformyvalentine_gravity_coverVor 20 Jahren hießen sie noch Jeff Killed John und waren eine Metallica- und Nirvana-Coverband. 2018 feiern sie mit „Gravity“ ihr sechstes Studioalbum und melden sich nach drei Jahren mit einem Paukenschlag zurück. Die Platte offenbart sich als emotionaler Seelenstriptease, nicht zuletzt auch aufgrund der Scheidung von Sänger Matthew Tuck. Im Vergleich zum Vorgängeralbum „Venom“ fällt deutlich auf, dass die sanfteren Passagen samtiger und die harten etwas abgeschwächt wurden. Textlich hat man das Gefühl, durch die persönliche Hölle von Tuck zu gehen – explizit, ehrlich und hart. An der einen oder anderen Stelle kommt man nicht umhin, sich an Bring Me The Horizon, Linkin Park oder gar Imagine Dragons erinnert zu fühlen, da die elektronischen und auch poppigen Passagen punktuell hymnisch und pathetisch daherkommen. Für den ein oder anderen eingefleischten Fan der Band könnte es enttäuschend sein, da eindeutig die frühere Härte fehlt.

Es stellt sich die Frage, inwiefern ein Album zur persönlichen Psychotherapie avancieren kann und gleichzeitig der Öffentlichkeit exponiert zugänglich gemacht wird. Unzweifelhaft liegen in „Gravity“ Herzblut und viel Zeit und das ist auch zu hören. Ist eine Band ab dem Zeitpunkt schlecht, wenn sie „massentauglich“ wird oder nicht mehr nur in eine ganz spezielle Sparte passt. Bullet For My Valentine werden mit diesem Album ihre bisherigen Fans nicht unbedingt abholen können, was spätestens bei der Ballade „Breathe Under Water“ klar wird. Vorzuwerfen ist der Band das ein oder andere Abkupfern auf der einen Seite, auf der anderen gestalten sie ihre Songs immer noch ambivalent und facettenreich. Das, was dem ein oder anderen Track an Härte fehlt, wird durch hymnische Refrains, wütende und knallharte Texte ausgeglichen. Die Briten haben sich in eine andere Richtung entwickelt, was aber nicht bedeuten muss, dass sie nun ihre alten Songs vergessen, im Gegenteil: Mit diesem Album beweist die Band ihre Flexibilität und den Mut, sich ihren Fans ungehemmt und verletzlich zu zeigen, was keine Schwäche darstellt, sondern in der heutigen Zeit zuweilen sehr viel mehr bedeutet, dass man reflektiert hat, erwachsen geworden ist. Bullet For My Valentine besingen ihren Schmerz nun klarer – auch, wenn das vielleicht zuweilen zu schwach klingt, ist die Message ganz klar: Mach dich frei von allem, was dir nicht gut tut und lass die Scheiße hinter dir.

Das Album kann ab dem 29. Juni 2018 gekauft werden.(A.E.)