ROCK IM PARK 2019 – Ein Lineup zum Niederknien für Jung und Alt

Rock im Park 2019Nur wenigen der Mainstream-Festivals gelingt es Jahr für Jahr, ein Konglomerat aus gehypten Neulingen sowie alten Hasen aus allen möglichen Genres an einem einzigen Wochenende zu vereinen. Die Running Order konnte so manchem Szenekenner das Wasser vor lauter Freude in die Augen treiben. Das dieses Konzept wohl auch künftig ein schierer Publikumsmagnet bleiben wird, hat mittlerweile unter anderem auch ein führender Discount-Supermarkt erkannt und nistete sich heuer mit seinem Rockshop nahe des Dutzendteichs ein. Dort konnte man neben Sonnenbrillen, Badelatschen und allerlei Grillzubehör auch die wichtigsten Alkoholika günstig erstehen. Selbst zu diesem bahnbrechenden Kapitalismus kann man aber nur anerkennend die Daumen emporrecken.

Der Freitag bot bereits eine ansehnliche Auswahl an Must-See´s wie beispielsweise die Dropkick Murphys aus Boston. Der energiegeladene Irish Punk der ollen Veteranen versetzte das Publikum bei bestem Wetter schon einmal in Tanzwut. Etwas härtere Klänge boten unterdessen Trivium, Sabaton oder auch die Architects mit ihrem dicken Metalcore. Unumgänglich schien natürlich auch der Besuch der Mainstage, auf welcher die Ärzte ihre gewohnte Show zum Headliner-Slot ablieferten. Man mag den Humor der drei nicht immer besonders lustig finden und auch als tatsächlich „beste Band der Welt“ gehen sie mitnichten durch. Aber es macht einfach immer wieder Spaß, die tollen Klassiker der Berliner zu hören und zu grölen. Zudem besitzt gerade Farin Urlaub normaler Weise immer genügend Fingerspitzengefühl um die treue Anhängerschaft, selbst während des kurzzeitig einsetzenden Regens, mitzureißen. So hallten all die Lieder wie „Schunder-Song“, „Schrei Nach Liebe“, „Westerland“, „Zu Spät“, „Ist Das Alles“ und, und, und noch lange nach. Spät am Abend erzeugten Die Antwoord aus Südafrika hernach noch ein paar gewöhnungsbedürftige Sounds, aber auch eine krass angespannte Atmosphäre. Sehr elektronisch untermalter Sprechgesang, wobei besonders Yolandi Visser mit Ihrer Mickey Mouse-Piepsstimme an den Nerven der Zuschauer sägte. Irgendwie fies.

Der Samstag stand im Zeichen der gitarrenlastigen Musik, was auf der Alternastage in der Halle einen langatmigen Vortrag mit Bands wie The Struts, Kadavar, Graveyard und später noch den Eagles Of Death Metal mit sich brachte. Für Freunde des garagenschrammeligen Stonerrock also durchaus the place to be. Auf den anderen Bühnen ging es nicht weniger spektakulär, dafür etwas abwechslungsreicher zu: konnten sich Amon Amarth mit ihrem Viking Metal (und der dazugehörigen Bühnendeko bestehend aus einem überdimensionalen Vikingerhelm) nicht so recht in den heute, ansonsten unmetallischen Tag einfügen, gab es für die Alternative-Fans Godsmack, BRMC und die Gaudiband um Jack Black und Kyle Gass, Tenacious D zu bewundern. Einziger Fehlgriff des Booking-Komitees waren die aus Funk und Fernsehen bekannten The Bosshoss. Slipknot beendeten heute übrigens den Tag auf den Freiluftbühnen laut und lärmend.

Jeder, der bereits in den frühen 90er Jahren das Glück hatte, mit der damals gültigen Rockmusik in den Schlaf geschaukelt zu werden, dürfte sich auf den Sonntag des diesjährigen RiP seit Festsetzung der Running Order ein drittes Bein gefreut haben. Praktisch ohne nennenswerte Unterbrechung wurde auf der Mainstage alles serviert, was Rang und Namen hat, begonnen mit Alice In Chains, welche ihre Fans am Nachmittag neben „The Rooster“ und „Man In The Box“ auch mit einer entrückten Version von „Down In A Hole“ verwöhnten. Es ging weiter mit Slash featuring Myles Kennedy And The Conspirators. Natürlich ist es der GNR-Leadgitarrist lange nicht mehr gewohnt, bei Tageslicht für eine knappe Stunde auf der Bühne zu stehen, aber der Mann ist eben Vollblutmusiker. Aus seinem bisher besten Projekt – Velvet Revolver – gab es zwar keine Songs zu hören, aber zumindest wurde die Setlist durch „Nightrain“ veredelt. Die Bühne verwandelte sich im Anschluss in eine SiFi-Welt mit riesigen bunten Robotern, die hinter und neben dem Drumriser aufgeblasen wurden. Ein – für seine Verhältnisse – extrem gut gelaunter Billy Corgan stapfte in einen langen Umhang gehüllt vor das Publikum. Dabei hatte er einen wilden Blick aufgesetzt und mindestens einmal lächelte er sogar. Seine Smashing Pumpkins boten eine gelungene Werkschau über die 31jährige Geschichte der Band. „Solara“, „Bullet With Butterfly Wings“, „Cherub Rock“, „Tonight, Tonight“… Fast alles dabei. Die am höchsten frequentierte Show spielten dann Tool als Headliner auf der Mainstage. Und sie spielten diese Show fantastisch. Wieder bot sich ein audiovisuelles Spektakel auf absolutem High End-Niveau. Die Musiker waren kaum auszumachen zwischen all dem Wirrwarr aus LED-Lichtern und verirrten Laser-Spektralgeschossen. Die Songliste bleib der Aktuellen (in festivaltauglich abgespeckter Form) identisch. Es war laut und es war geil und eigentlich hätte dieses Festival keinen weiteren Act mehr benötigt. Slayer machten den Sack dann aber am Montagmorgen noch zu, indem sie im Rahmen ihrer derzeit stattfindenden Abschiedstour noch einmal ein grandioses Set aus dem Hut zauberten. Es gab wieder Unmengen an, auf dem Kopf stehenden Kreuzen und Flammen und Feuerwänden und blutrotem Scheinwerferlicht. Es gab dabei aber auch wieder die sehr sympathischen und charismatischen Musiker. Allen voran Bassist und Sänger Tom Araya sieht zwar aus, wie der Teufel persönlich, versprüht jedoch eine Menge Charme. Von „Postmortem“ über „War Ensemble“ bis hin zu „South Of Heaven“ und „Raining Blood“ blieben keine Wünsche offen. Als der letzte Ton nach „Angel Of Death“ viel zu schnell verklungen war, muss auch dem letzten Nörgler klargeworden sein, wieso der Ruhestand der Band ein riesiges Loch in der Thrashmetal-Welt hinterlassen wird.

Ein schwer zu toppendes Festivalwochenende ging damit nach drei fast regenlosen Tagen und ohne nennenswerte Zwischenfälle zu Ende. (ODI)