Matt Gresham im Interview – „Jeder ist willkommen.“

Bevor uns Matt Gresham in einem kurzen Interview  in das Geheimnis des „Music Vibe“ eingeweiht hat, konnten wir uns auf einem exklusiven Showcase in München vom musikalischen Talent des australischen Surfers und Wahlberliners überzeugen. Im Rahmen des Warner Music Sommerfests spielte Matt Gresham einen akustischen Zusammenschnitt aus einigen Songs, in dem seine charakterstarke Stimme andere Instrumente überflüssig machte. Wo normalerweise ein Beat einsetzen würde, wurde gestampft, wo die Drums fehlten, sorgte ein sympathisch improvisiertes Herzklopfen auf dem hölzernen Resonanzkörper für Lebendigkeit. Down-Under-Lässigkeit, Bescheidenheit und emotionale Bilder, sowohl auf musikalischer, als auch auf lyrischer Ebene, sind nicht nur Eigenschaften des jungen Musikers, die auch im persönlichen Interview noch einmal deutlich wurden, sondern wohl auch das Erfolgsrezept seiner Musik.(English version below.)

Kannst du uns von dem Moment erzählen, in dem dir klar geworden ist, dass du Australien verlassen wirst, um in Europa Musik zu machen?

Matt: Ich war im Haus meiner Mutter, als ich die E-Mail mit der Nachricht bekommen habe, dass ich für einige Zeit nach Europa soll. Ich habe mich sehr frei gefühlt. Literarisch gesehen habe ich mein Leben genommen und in eine Tasche gepackt. Ich habe mich gefühlt, als könnte ich einfach meine Gitarre nehmen und abheben. Ich finde, materielle Dinge sind manchmal wie Gefängnisse. Das war der Moment, in dem ich diese Dinge literarisch gesehen weggeworfen habe. Es war schön, sich davon zu befreien.

Du hast schon mal Didgeridoos in einem deiner Songs verwendet, gibt es noch andere australische Einflüsse in deiner Musik?

Matt: Ich habe definitiv eine Menge aus australischen Städten aufgeschnappt. Es gibt viele traditionelle Städtenamen der ersten australischen Einwohner. Viele Städte enden mit „up“, das steht für einen Ort am Wasser. Ich bin ein riesen Fan des Meeres. Ich singe gerne vom Wasser. Generell beruhigt mich das Wasser. Australien und Afrika haben viel Rhythmus, viel Herzschlag. Ein Großteil meines Rhythmus kommt von den Orten, die ich besuche.

Jack Johnson hat auch als Surfer angefangen, gibt es eine Beziehung zwischen Surfen und Musik?

Matt: Ich denke das Surfen ist eine aktive Form der Meditation. Das Surfen hat einen Rhythmus, wenn man durch das Meer paddelt. Wenn man seine erste Welle erwischt, bremst dieses „Hoch und Runter“ die Gedanken, so dass die Lyrics kommen können und man wieder zu sich selbst findet. Smartphones und Soziale Netzwerke füllen den Kopf mit Erwartungen der Leute, das Surfen ist ein Weg für mich, das Handy abzuschalten. Wenn ich aus dem Wasser komme, fühle ich mich gesegnet und glücklich, dann bin ich wieder bereit, mit der Musik weiterzumachen. Das ist wie ein Neustart.

Du hast einen Song mit dem Titel „Heimat“ geschrieben. Was bedeutet Heimat für dich?

Matt: Ich hatte eine starke Bindung zu Australien und ich habe viele Jahre in Indonesien, auf Bali verbracht. Diese zwei Orte waren meine Heimat. Seit dem ich angefangen habe, durch Europa und Amerika zu reisen, würde ich sagen, dass die Welt mein Zuhause ist. Der Planet ist unsere Heimat. Das einzige, was die Länder voneinander trennt, ist Wasser. Meiner Meinung nach ist jeder willkommen. Ich fühle mich einfach auf dieser Erde zuhause.

Sind die Geschichten hinter deinen Lyrics frei erfunden, oder sind sie von deinen eigenen Erfahrungen beeinflusst?

Matt: Ein bisschen von beidem. Das Leben ist aufregend, aber einen Großteil der Zeit, wenn man morgens aufsteht und shoppen geht und einen Freund trifft und dann zu Abend isst, macht man eben normale Dinge. Die Songs kommen nicht wirklich, wenn man nur so vor sich hin lebt. Dann passiert etwas, zum Beispiel stirbt dein bester Freund. Dann kommt der Song. Ich versuche, die Perspektive  zu schaffen, die Leute haben, wenn sie Filme ansehen. Ich versuche, mich in ihre Perspektive zu versetzen und die Welt gleichzeitig durch ihre und auch durch meine eigenen Augen zu sehen. Wenn mich etwas persönlich besonders betroffen macht, kann das den Prozess aber auch stoppen. Das ist der Grund, weshalb ich beides probiere.

In einem Interview hast du gesagt, dass Los Angeles auf jeden Fall „music vibe“ habe, was macht eine Stadt mit „music vibe“ aus?

Matt: Da geht es auf jeden Fall um Live Musik. In LA gibt es viele verschiedene Bars, viele verschiedene Genres. Dort gibt es auch ältere Songwriter, älteren Mainstream und Songwriter im Untergrund. Das hat auf jeden Fall viel Energie. Es gibt jede Menge Musikindustrie und auch jede Menge Filmindustrie. Ich liebe es, in Kalifornien, beziehungsweise an der gesamten Küste zu surfen. Das Surfen hat definitiv auch etwas mit dem „music vibe“ zu tun.

Wie würdest du deinen musikalischen Stil in 3 Worten beschreiben?

Matt: Akustisch, elektronisch, Geschichtenerzählung.

Was erwartest du von der Zeit in Berlin?

Matt: In Berlin gibt es viel Kunst und Kultur. Ich erwarte, etwas von der Geschichte Berlins zu lernen und ich hoffe, nette, neue Freunde kennen zu lernen. Ich war schon am Checkpoint Charlie und in den Museen, um zu lernen, was damals passiert ist. Ich bin jetzt erst seit 2 Wochen in Berlin, aber ich finde, Berlin hat große Energie. Eigentlich mag ich große Städte nicht besonders, aber ich liebe diesen Ort. Generell erwarte ich nicht zu viel. Ich genieße lieber den Moment.

In einem älteren Interview hast du gesagt, dass Musiker im Rampenlicht Vorbilder sein würden. Hast du zum Abschluss noch eine Botschaft, die du loswerden willst?

Matt: Sei du selbst. Du bist schön, so wie du bist. Du wirst perfekt geboren. Heutzutage versuchen die Leute, perfekt zu sein im Sinne der Sozialen Netzwerke. Meiner Meinung nach ist das einzig Perfekte die Natur. Sei also du selbst, verbreite Liebe und glaube an die Kraft des Universums. Manchmal ist man so frustriert, aber ich glaube, es gibt immer einen tieferen Sinn.(P.P.)

 

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Interview with Matt Gresham – “Everybody is welcome.”

We met Matt Gresham after an exclusive acoustic performance for an interview in Munich and talked with him about the power of the ocean, about his musical style and about the mystery of “music vibe”.

Could you tell us about the moment you realised that you have to leave Australia for creating music in Europe?

Matt: I was at my mum´s house when I got the mail with the message that I have to move to Europe for a while. It was incredible. I literally packed up my life and put it in a bag. I felt very free. I felt like I can just grab my guitar and then I´m ready for take off. I guess material things sometimes are like prisons. That was the moment when I threw the things away, literally. It was nice to become free.

You once have used didgeridoos in one of your songs. Are there any other influences from Australia?

Matt: I definitely have picked up a lot of my lyrics from Australian towns. There are many traditional names from the first people of Australia. Many towns have “up” at the end, “up” means a place of water. I´m a huge fan of the ocean. I like to sing about the water. Generally, water makes me calm. Australia and Africa have a lot of rhythm. They have much heartbeat. A lot of my rhythm comes from the places I visit.

Jack Johnson started as surfer, as well. Is there any hidden relation between surfing and music?

Matt: I think surfing is an active form of meditation. Surfing has a rhythm when you are paddling through the ocean. When you catch your first wave and you have this up and down it slows your thoughts down so the lyrics can come and you can connect with who you are. Smartphones and social media fill your brain up with expectations of people and surfing is a way for me to turn the phone off. When I come out of water I feel blessed and happy and I´m ready to deal with music again. It´s like a restart.

You wrote a song called “home”. What is home for you?

Matt: I was really connected to Australia and I spent a lot of my years growing up in Indonesia, in Bali. These two places were home. As I started to travel to Europe and to America I would say the world is home. The planet is our home. The only thing that separates countries is water. In my opinion everybody is welcome. I just feel home on earth.

Are the stories behind your lyrics fictional or are they influenced by your own experiences?

Matt: A bit of both. Life is exciting but a lot of the times you get up in the morning and go shopping and see a friend and have some dinner, you do normal things. The songs don´t really come when you are just getting by. Then something happens like your best friend dies. Then it comes. I try to get the perspective of people watching films. I put myself in perspective of them. I try to see the world through their eyes and also trough my one eyes. If something affects me really emotionally it can stop the process. That´s why I try both.

In an interview you said that Los Angeles would definitely have a “music vibe”. What makes a city have a “music vibe”?

Matt: It definitely is about live music. In L.A. there are lots of different bars, lots of different genres. There are also older songwriters in L.A., older mainstream and also underground songwriters. It definitely has a lot of energy. There are lots of music industries and also lots of film industries. I love surfing in California, in the whole coastline. It´s amazing. Surfing has a lot to do with music vibe, too.

How would you describe your musical style in three words?

Matt: Acoustic, electronic, storytelling.

What do you expect from the time in Berlin?

Matt: There is a lot of art and culture in Berlin. I expect to learn about history and I hope to meet some nice new friends. I’ve already been to Checkpoint Charlie and in the museums learning what happened. I´ve been there just for 2 weeks now but I think it has a big energy. I don´t really like big cities but I love this place. Generally, I don´t expect too much. I just enjoy the moment.

In an older interview you said that musicians in the spotlight would be role models. Do you finally have a message you want to get rid of?

Matt: Be yourself because you are beautiful. You are born perfect. People these days try to be perfect for social media. In my opinion the only thing that is perfect is nature. So be yourself, spread love and believe in the power of the universe. Sometimes you feel so frustrated but I think it always has a bigger picture.(P.P.)