MASSIVE ATTACK – Große Kunst und kluge Worte

Massive AttackMan hatte ein ungutes Gefühl, als man die Location betrat. Ein Druck lag bleischwer auf der Brust und machte das Atmen schwer. Bei Konzerten von Massive Attack handelt es sich um eines dieser Dinge, die man lieber vermeiden möchte, schlussendlich aber nicht widerstehen kann. Wie ein fieser Alptraum, aus welchem man nicht erwachen will, weil man das Ende noch nicht kennt.

Zur Jubiläumstour des Erfolgalbums „Mezzanine“ hatte das britische Trip-Hop-Konglomerat um Robert Del Naja und Grantley Marshall zu einer quälend grandiosen Festivität geladen. So wurden beispielsweise alle beteiligten Musiker aus den ursprünglichen Aufnahme-Sessions in die Entourage aufgenommen, um den bedeutungsschweren Songs wie „Angel“, „Tear Drop“ oder „Mezzanine“ das höchstmögliche Maß an Authentizität zu verleihen.

Wer die Band kennt, weiß um den politisch-pazifistischen Idealismus der Mitglieder. Und so avancierte die Bühnenshow zu einem klaren Statement gegen jegliches kriegerisches Brauchtum und deren sogenannte Leader. In diesem Fall wurden die mächtigsten Staatsmänner in einer satirisch, schwarzhumorigen Art und Weise hinters Licht geführt. Zu diesem Zwecke diente eine mehr als clever inszenierte Filmvorführung auf überdimensionalen Leinwänden während den jeweiligen Songs. Zwischen lustigen Tanzvorführungen aus diversen Filmarchiven, flimmerten immer wieder grausame Szenen von Bombenangriffen und Kriegsverbrechen provokant über die Mattscheibe.

Als während des Vortrages von Pete Seeger´s „Where Have All The Flowers Gone“ auch Hinrichtungsrituale angedeutet und Leichen von Zivilisten im Hintergrund gezeigt wurden, ging das so manchem in der Halle an die Substanz. Schon beim nächsten Song wurde die Ernsthaftigkeit  zynisch konterkariert, indem zu Britney Spear´s Videoclip zu „Hit Me Baby One More Time“ die leicht angezerrten Köpfe Trumps und Putins auf Britney´s zarte Schultern transferiert wurden. „There are no enemies anywhere“ stand am Ende in großen Lettern dort geschrieben.

Massive Attack ließen ein sprachloses und berührtes Publikum zurück und verzichteten auch dieses Mal wieder auf eine Zugabe, ebenso wie auf jegliche Art der verbalen Kommunikation. Nach etwas mehr als 90 Minuten war aber auch wirklich alles gesagt.(ODI)

Fotos Massive Attack