Die Panik in der Disco war tatsächlich groß, als Frontmann Brendon Urie am 24. Januar auf Instagram verkündete, dass sich die Alternative-Rock-Band aus Las Vegas auflösen wird. Das Multitalent wird zum ersten Mal Vater und hat sich emotional an die Fangemeinde gewandt:
Ich danke euch allen für eure immense Unterstützung über die Jahre hinweg. Ich habe hier gesessen und versucht, die perfekte Art und Weise zu finden, dies zu sagen, und ich kann wirklich nicht in Worte fassen, wie viel es uns bedeutet hat. Egal, ob ihr von Anfang an dabei seid oder gerade erst zu uns gefunden habt, es war uns ein Vergnügen, nicht nur die Bühne mit so vielen talentierten Leuten zu teilen, sondern auch unsere Zeit mit euch zu verbringen. Ich freue mich darauf, alle in Europa und im Vereinigten Königreich zu einem letzten gemeinsamen Auftritt zu sehen.
(Quelle: Instagram)
Mit der Tatsache, dass die kommenden Auftritte der Viva Las Vengeance-Tour (Es lebe die Rache!) in Europa und UK zu den letzten gehören werden, sorgte Urie bei den Fans für Aufregung. Das gleichnamige Album war erst 2022 als siebtes (und somit letztes) erschienen.
Unter dieser Voraussetzung war der Auftritt der Band in München ein besonderes Highlight. Mit Singer-Songwriterin FLETCHER, die vor allem in der LGBTQIA+ Szene bekannt ist und sich dort wie Panic! At The Disco selbst engagiert, hatte die Band einen starken Opener und Verbündeten im Gepäck.
Eine wortwörtlich heiße Eröffnung der Show boten dann die Hits Say Amen (Saturday Night) und Hey Look Ma, I Made It. Die bekannten Songs Emperor’s New Clothes oder auch Don’t Threaten Me with a Good Time weckten in der Menge akustische Erinnerungen an die punkgeprägten Anfangszeiten der Band. Auch die Ohrwürmer This Is Gospel und Miss Jackson konnten einiges zur aufgeheizten Stimmung im Publikum beitragen. Mit dem Outfitwechsel von Frontmann Brendon Urie in den bekannten bunten Blazer (der inzwischen sogar als solcher zum Kauf angeboten wird) wurde es auch auf der Bühne bunter.
Im Anschluss lieferten Panic! At The Disco die komplette Track List des Viva Las Vengeance-Albums und versetzten die Crowd damit in eine spürbare Lethargie, die erst durch die LGBTQIA+-Hymne Girls/Girls/Boys aufgelöst werden konnte. Mit bunten Scheinwerfer-Herzen, die in das Front of Stage-Publikum geworfen wurden, kam eine fast bedächtige Stimmung in der Olympiahalle auf. Auch bei Urie hatte man den Eindruck, dass ein Knoten geplatzt war und er sich – erleichtert darüber, die Albumtitel hinter sich gebracht zu haben – jetzt mit viel Persönlichkeit seinen Fans widmen konnte. Durch farbige Papierherzen, die vor den Taschenlampen der Smartphones bunte Lichter erzeugten und die Halle in farbenfrohen Schimmer tauchten, entstand ein fast schon inniger Moment. Mit nahendem Showende wurde auch Brendon Urie sichtlich sentimental und zeigte sich mit einer wischenden Bewegung in der Nähe der Augen berührt von euphorisch intonierten Lyrics.
Als House of Memories gespielt wurde, taute die Masse wieder auf und feierte gemeinsam mit der Band einen würdigen Abschied von der Bühnenwelt. Ihren Klassiker I Write Sins Not Tragedies, mit dem die Gründungsmitglieder 2006 weltweit in die Charts eingestiegen waren, hoben sich Panic! At The Disco fast bis zum Schluss auf. Mit High Hopes fielen die Vorhänge in München (vorerst) ein letztes Mal und die Band verließ ohne großes Tamtam die Bühne – was die einen als stilvoll, die anderen als bedauerlich interpretieren könnten. Von den Fans wurde ihrem Idol auf der Bühne jede Menge Liebe entgegengebracht, selbst wenn die großen Ansprachen während des Konzerts ausgeblieben waren. Dafür gab es 100 % Live-Performance, die schlicht atemberaubend war und in dieser Form nur noch selten anzutreffen ist.
Insgesamt ist Panic! At The Disco mit Ausnahmetalent Brendon Urie eine Band, die man gesehen haben sollte. Seine unvergleichliche Range (vier Oktaven im Tenor) macht ihn vermutlich zu einem der besten Sänger der Gegenwart, der fehlen wird. Da bleibt zu hoffen, dass Baby Urie zukünftig zu schätzen weiß, wer ihm da liebevoll sein Gute-Nacht-Lied vorsingt.
– Von jedem Ticket, das für die Viva Las Vengeance Tour verkauft wird, spendet P!ATD einen Dollar an Uries Highest Hopes Foundation, die sich für Menschenrechte einsetzt. –
(S.N.)