Schon als die ersten Töne erklingen, erheben sich die Smartphones im ausverkauften Zenith. Ohne würde ja schon etwas fehlen, nicht wahr?
Irgendwie wirkt die Performance von Anfang an ironisch. Ein schwerreicher Musikgigant steht auf einer Bühne und rappt darüber, wie er im Plattenviertel aufgewachsen ist, wie schwer seine Kindheit war und wie ungerecht die Welt doch damals war, dass er zufällig dort geboren wurde.
Schon im nächsten Song geht es darum, mit Geld um sich zu schmeißen. Sido konterkariert sich selbst, denn er vergisst nicht zu betonen, dass, wenn man einmal Berliner ist, man immer Berliner bleibt. Eine scharfsinnige Beobachtung, die er da macht. Berlin ist so lange geil, wie man eben aus dem Drecksviertel Profit schlagen kann.
Kurz nach Beginn bittet Sido auch schon Claudia auf die Bühne. Claudia ist die Gewinnerin von The Voice of Germany und soll mal zeigen, was sie so kann. Hat sie gemacht. Die Akustik im Zenith ist einfach, man kann es nicht anders sagen, nicht gut. Das ist auch schon alles.
Man muss es ihm lassen: Stimmung machen kann er und er hat ein wahrlich fanatisches Publikum voller Fans, die an seinen Lippen kleben, jeden Text in- und auswendig kennen und den in die Jahre gekommenen Mann im roten Jogginganzug kompromisslos und bedingungslos hypen.
Der radiotauglichste Rapper Deutschlands macht ohne Zweifel Party und holt das Publikum zu jeder Sekunde ab.
Gegen eventuell aufkommende Langeweile und für die Abwechslung gibt es Videos von Slavik Junge gezeigt, Sido performt am FOH, wirkt nach einer Stunde schon ein bisschen müde.
Er ist ein Showmaster geworden. Man glaubt ihm zwar noch, dass er Dreck gefressen hat, doch leider stellt sich hier die Frage, was davon jetzt noch geblieben ist. Mit der Zeit geht die Authentizität in fetten Beats verloren. Musikalisch sind nach wie vor Bretter dabei, der Mix aus alten und neuen Songs ist fast schon virtuos und am Ende werden die Leute doch ziemlich, ziemlich happy nach Hause gehen. Ob das an der Musik, dem letzten Zug vom Joint oder beidem liegt, bleibt wohl offen.
Was wir wissen: Deutschland hat Sido in der Hip Hop-Szene gebraucht und die Konsumenten haben ihn zu dem Schwergewicht gemacht, das er jetzt in der Musikindustrie ist. (A.E.)