REINGEHÖRT – Heiter bis wolkig – Doppelalbum „Velvet / Silk“ von SAMT

SAMT neues Doppelalbum VELVET_SILK
Foto: Ferhat Deliktas

Aus Swallow Tailed wird 2018 SAMT, aus Indie wird Synthie-Pop. „Velvet / Silk“ hat das Trio sein Doppeldebut betitelt, das nun, knapp zwei Jahre später, in zwei Schritten am 24. April und am 22. Mai veröffentlicht wird.

Ein lauer Sommerabend, ein kaltes Getränk, kein Zentimeter für negative Gedanken. Mit „Sugar“ haben SAMT dieser Stimmung auf ihrem Album „Velvet“ eine Melodie gegeben. Ein zerbrechendes Glas bietet den Auftakt, die hauchige Stimme formuliert den passenden Gedanken: „Sugar“. Wenn sich die letzte Silbe um das Fünffache dehnt, ist der Ohrwurm bereits übergesprungen.

Man kann „Sugar“ aber auch als Roadmovie deuten. So geschehen im zugehörigen Musikvideo. In gekonnten Schnitten verändern sich sämtliche Mitfahrer, verwandeln sich vom überforderten Kartenleser zum Sportstar, von der Partyclique zum quengelnden Nachwuchs. Dauergäste auf der Rückbank: die summende (Ex-)Besetzung von SAMT. „We are your daily dose of paranoia“, fällt es einem wie Schuppen von den Augen. Diese Ebene des Songs hatte man im Feel-Good-Modus bis zu diesem Zeitpunkt doch tatsächlich komplett ausgeblendet.

Zwischen die heiteren Tracks haben sich auch ruhigere Töne gemischt, darunter der nachdenkliche Album-Closer „Toothbrush Thougts“. Reduktion lautet die Devise, vorerst zumindest. Von einem Piano begleitete Gedanken über einen privaten „Change of Life“ nehmen à la Tom Odell Fahrt auf und werden ohne Vorwarnung, wie aus dem Nichts, von einem schonungslosen Schreddern zerschnitten. „What the hell is wrong“, tönt es und bekommt durch Wiederholung und musikalisches Arrangement als Selbstanklage totale Bedeutung. Zurück zu den harmlosen Piano-Melodien endet das erste Album dann aber doch friedfertig.

Wo in „Velvet“ noch beschwingter Pop-Sound vom düsteren Text ablenkte, ist es in „Silk“ umgekehrt. Abgründe tun sich im zweiten Album über die Komposition auf, während der Text zunehmend versöhnlich ist. Der Klang wirkt gereift, ist mutiger, komplexer. Wo zuvor noch die Gefahr bestand, im gefälligen Pop-Dschungel auswechselbar zu sein, haben die neun Titel auf „Silk“ ihre eigene Sprache gefunden. Im Ohr bleibt die „Paris“-Trilogie, die mit einem Stimmverzerrer drei Songs lang Richtung Endstation Sehnsucht einlädt.

Mit „Velvet/ Silk“ haben SAMT definitiv ein wasserfestes Debüt vorgelegt, das in der Kreation als Doppelalbum zwischen Ausgelassenheit und Finsternis, heiter bis wolkig seine eigene Geschichte erzählt und vielleicht mischt sich in Zukunft ja mal wieder ein Funken Indie-Rock unter die aparten Pop-Melodien. (P.P.)